Mysteriöse Krankheit bei Hunden
Informationsblatt der Tierärztlichen Hochschule Hannover zu neurologisch auffälligen Patienten
„Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
seit Ende August 2024 beobachten wir in der Klinik für Kleintiere der TiHo Hannover eine auffällige Häufung von Hunden mit sehr akuten und schweren neurologischen Symptomen. Diese Fälle treten deutschlandweit und auch in anderen europäischen Ländern auf. Die genaue Ursache dieser Fälle wird derzeit intensiv untersucht, da die Situation eine gründliche differenzialdiagnostische Aufarbeitung erfordert. Es konnten bisher weder eine Phosphin-Vergiftung noch ein Zusammenhang mit Ektoparasitika oder Impfungen bestätigt werden, obwohl diese in der Öffentlichkeit vereinzelt vermutet wurden.
Zu der Kombination klinischer Zeichen gehören:
- Plötzliche Verhaltensänderungen und zeitweise unkoordinierte Bewegungsabläufe
- Episodische, plötzliche und extreme Aufregung, Panikattacken mit Heulen, Unruhe und Schreien
- Versuche, durch Fenster oder Türen zu entkommen
- Gelegentlich phasenweise plötzlich aggressives Verhalten
- Hinweise auf Halluzinationen bei einigen Patienten
- In späteren Phasen generalisierte epileptische Anfälle
Wir arbeiten weiter daran, die Ursache zu klären. Ein erster Hinweis deutet auf einen Zusammenhang mit der Fütterung von Rinderhautknochen hin, da viele betroffene Hunde diese in der Vergangenheit erhalten haben. Bisher ist jedoch nicht nachgewiesen, dass diese tatsächlich die klinischen Symptome auslösen. Die Ursache könnte also auch in anderen Bereichen liegen, weshalb wir eng mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten und Futtermittel sowie Körperflüssigkeiten der betroffenen Hunde auf Kontaminationen, Giftstoffe, Autoimmunerkrankungen und Infektionserreger untersuchen.
Da Symptome wie Angst, Panik, Jaulen oder Aggression eher unspezifische klinische Zeichen sind, befürchten wir, dass es viele unentdeckte Fälle gibt. Eine gründliche Anamnese und differenzialdiagnostische Abklärung sind deshalb besonders wichtig. Es ist entscheidend, sowohl die Fütterungshistorie als auch andere potenziell wichtige Informationen zu erfragen. Neurologische Untersuchungen, wie auch MRT oder Gehirnwasseranalysen, können zur weiteren Abklärung notwendig sein. Wir empfehlen, betroffene Hunde rechtzeitig zu Neurologinnen und Neurologen vorzustellen oder die behandelnden Tierärzte zu bitten, Kontakt zu entsprechenden Spezialisten aufzunehmen. Verpackungen und Reste von Futtermitteln sollten fotografiert und aufgehoben werden, Chargennummern und MHD notiert werden.
Bisher wurden im deutschsprachigen Raum etwa 40 betroffene Hunde bei Neurologen vorgestellt, wobei die Dunkelziffer aufgrund der unspezifischen Symptome vermutlich höher ist. Alle deutschsprachigen Tierneurologinnen und -neurologen arbeiten eng zusammen und tauschen sich aus, um die Ursache zu finden. Es ist jedoch zu bedenken, dass nicht jeder Hund mit Verhaltensauffälligkeiten oder epileptischen Anfällen Teil dieser Fallserie ist. Daher ist eine gründliche Untersuchung und Ausschlussdiagnostik unerlässlich, um andere Ursachen auszuschließen. Proben von Blut, Rückenmarksflüssigkeit und Urin sowie evt. Mageninhalt sollten bei entsprechenden Fällen asserviert werden.
Wir bitten um Ihre Mithilfe:
Falls Sie ähnliche Fälle beobachten, teilen Sie uns diese bitte mit und ermutigen Sie die BesitzerInnen, ihre Hunde bei uns oder einem Neurologen vorzustellen. Sollten Sie den Verdacht haben, dass betroffene Hunde kürzlich mit Kauspielzeugen oder Rinderhautknochen gefüttert wurden, bitten wir Sie, dies in der Anamnese zu berücksichtigen und uns entsprechende Details zu übermitteln. Sollten Hunde deswegen eingeschläfert werden, ist eine pathologische Untersuchung sinnvoll.“
Für Patientenbesitzer:
Falls Sie an Ihrem Hund die oben genannten Auffälligkeiten beobachten, machen Sie bitte einen Termin zur persönlichen Vorstellung bei uns in der neurologischen Abteilung aus.
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